Tagebuch 165

Tagebuch habe ich nie geschrieben. Das war mir immer zu aufwendig und was sollte an meinem Leben schon interessant sein? Tatsächlich habe ich aber schon ein sehr berühmtes gelesen, das des Samuel Pepys. Er begann 1660 zu schreiben und lässt uns in sein Leben blicken. Nach Oliver Cromwell wird ein neuer König installiert, der Zeit seines Amtes hauptsächlich sein eigenes Wohlbefinden im Auge hat. Aus ärmlichen Verhältnissen bekommt Pepys durch Vitamin B des späteren Lord Sandwich (der mit der Gurke) einen Posten im Marineministerium. Dort wuseln sehr viele Adelige herum, deren Aufgabe das Wuseln ist. Es kommt einem manchmal so vor, als würde nur Samuel Pepys arbeiten, weil er nicht adelig war. Man wird Zeuge von Staats- und Ehekrisen, dem großen Brand von London, einer Pestepediemie, aber vor allem bekommt die Vergangenheit etwas Farbe und man merkt, dass wir Menschen uns nicht weiter entwickelt haben. Wir haben nur andere Möglichkeiten. Samuel Pepys hatte zum Beispiel große Augenprobleme, durch die schlechten Lichtverhältnisse von damals. Für uns kein Thema mehr, statt Auto kaufte er eine Kutsche, aber dafür musste er sehr tief in die Tasche greifen, weil es mit der Kutsche allein nicht getan war. Dazu kommen Stall, Pferde, Kutscher und Treibstoff für die Pferde. Er hätte weiterhin “Taxis” oder Fahrgemeinschaften nutzen können, aber er wollte zeigen, dass er sich selbst einen SUV leisten konnte.

Ein anderes Tagebuch war das von Victor Klemperer. Ein Konvertit jüdischer Herkunft, Philologe, und Verfolgter im Dritten Reich. Man kann hautnah miterleben, wie sich die Zeiten änderten, die Bedrohung näher rückt und sich die Schlinge zuzog. Glücklicherweise wurde er nicht deportiert und konnte in den Kriegswirren untertauchen. Ich kann es nur empfehlen, genau so wie seine Sammlung an Sprachstücken der Nazis, die ja heute wieder en vogue sind: LTI – Sprache des Dritten Reiches. Das Buch wird immer noch aufgelegt, auch als e-book. Und wenn sich jemand Volkskanzler nennt, dann stellt es mir alle Haare auf, weil es sich dieses Wort genau auf die Zeit der Nazis bezieht.

Damals und heute

Mir fällt auch eine Ähnlichkeit auf, zwischen dem Tagebuch von Klemperer und der heutigen Zeit – die Salamitaktik der gewählten Umstürzler und baldigen Autokraten (vielleicht übertrieben, vielleicht auch nicht). Bei Trump sieht man es sehr schön. Jede Woche wird etwas gemacht, was man nie für möglich gehalten hätte.

Die USA zeigen Europa den Stinkefinger, Trump erpresst die Ukraine und vollzieht eine Opfer-Täter-Umkehr, der Verteidigungsminister stellt jegliche Cyberaktivität gegen Russland ein, man zensuriert die Wissenschaft … kurz die USA wird immer totalitärer. Die USA – the Land of the Free, von wegen. Trump hat angekündigt, man müsse nachdem man ihn gewählt habe, nie wieder wählen. Es war doch kein Witz.

Ein bisschen Kaffeesudlesen gefällig? Die USA wollen Russland als neuen Verbündeten, wenn sie gegen China vorgehen. Hier geht es um hegemonialen Anspruch. Die USA wollen der Silberrücken der Welt bleiben. Stein des Anstoßes wird wohl Taiwan werden. Greift China die Insel an bricht die Hölle los, weil die USA versprochen haben Taiwan zu verteidigen. Und warum ist Russland dafür notwendig? Weil Russland mit ihrem Verbündetet Kasachstan im Rücken Chinas ebenfalls militärisch vorgehen können, ähnlich wie Belarus beim Angriff auf die Ukraine. Zwei Raufbolde auf dem Schulhof wollen wissen, wer der Stärkere ist. Das ist so erbärmlich. Der Rest der Menschheit muss dafür leiden. Kaffeesud Ende.

Das wahre Problem dieses Planeten, wird durch dieses zutiefst männliche und idiotische Verhalten nur verstärkt und nicht gelöst. Im neuen Regierungsprogramm (ÖVP, SPÖ, NEOS) ist der Klimaschutz auch mit der Lupe zu suchen. Es ist zum aus der Haut Fahren.

Nachdem ich den Status quo Anfang März 2025 niedergeschrieben habe, merke ich, dass mein Blog auch so etwas wie ein Tagebuch ist. Ich hoffe, dass ich mich geirrt habe, aber bis das klar ist, wird vergeht noch viel Zeit, denn nur im Nachhinein weiß man alles besser. Zum Abschluss, zeige ich dir noch etwas Schönes und Unschuldiges. Das beruhigt die Nerven.

gelbe Blumen, Biene, Laub
moi

Lebe lang und in Frieden – mit der Natur

Hand Gruß bewachsen Efeu Feuer
Copilot et moi

147 Verbrennung

Verbrennung – ein Konzept, welches wir bereits in der Steinzeit angewendet haben. Es hat uns gute Dienste geleistet: Schutz vor Kälte und gefährlichen Tieren, Zubereitung von Speisen und war sozialer Mittelpunkt. Vielleicht können wir uns deshalb so schwer lösen. Ein Feuer im Ofen ist schön und behaglich. So nützlich die Verbrennung für uns Menschen auch war – jetzt verkehrt sie sich ins Gegenteil.

Deutschland und Österreich sind Autoländer. Sagen die jeweiligen konservativen Politiker. Es ist richtig, dass unsere Wirtschaft sehr stark mit der deutschen Automobilindustrie verflochten ist. Wir haben einige Zulieferer und in Graz gibt es einen Autocluster, wo tatsächlich Fahrzeuge produziert werden. Aber man muss sich auch bewusst sein, dass die Automobilindustrie das Herz der deutschen Wirtschaft ist. Wenn das Herz stehen bleibt, kommt es zum Kollaps. Ich weiß, ich klinge jetzt wie ein Abgesandter der WKO, aber ohne funktionierende Wirtschaft gibt es auch keine Transformation von Öl/Gas zu erneuerbaren Energien. Und eine Wirtschaftskrise im großen Stil will sicher niemand.

Die EU beschloss 2023 das Ende des Verbrennungsmotors für PKW ab 2035. Eine Welle von Fehlinformationen und Wehklagen der Industrie brach über die Gesellschaft herein. Die E-Autos wurden schlecht geredet und die Verbrenner in den Himmel gehoben. Die Automobilindustrie wird in sich zusammenbrechen, wenn sie nur noch Elektroautos baut …

Ein Jahr später ist das eingetreten, wovor NICHT gewarnt wurde. Der deutschen Autoindustrie geht es schlecht, weil sie ihre Verbrenner nicht mehr in China verkaufen kann. Natürlich kaufen die Chinesen lieber Elektroautos aus China, so wie die Deutschen Autos aus Deutschland kaufen. Da haben sich die Manager verkalkuliert. Das sage nicht nur ich. Ein ehemaliger VW-Vorstand hat das selbst in einer spannenden Diskussionsrunde im Fernsehen gesagt:

ZDF Markus Lanz: Talk vom 24.10.2024

Die europäische Hybris ist nach wie vor phänomenal. Zuerst haben wir ausgelagert, um Kosten zu sparen, und auf die ungebildete Gesellschaft herabgeblickt. Dann hat China gelernt, wie Technologie und Produktion funktionieren, und angefangen, alles selbst herzustellen. Jetzt ist China dabei, uns zu überholen und zieht auch an den USA vorbei. Der Blick von oben kommt jetzt aus Asien. Die Nachwirkungen des Kolonialismus holen uns wieder ein, denn nichts ist vergessen. Denke zum Beispiel an die Opiumkriege. Großbritannien hat Opium aus ihrer Kolonie Afghanistan nach China exportiert. Das machtlose Kaiserhaus wollte das verhindern, darum kam es zum Krieg. Europa als übermächtiger Drogenbaron ist ungewohnt. Die Auswirkungen waren verheerend und das Bild des Opium rauchenden Kulis, wird nur zu gern in Filmen und Serien verwendet. Würdest du das vergessen, wenn man das mit uns gemacht hätte? Ich glaube nicht.

Copilot et moi

Warum Politiker:innen und Chefetagen so Verbrenner fixiert sind, hängt vermutlich mit der extrem gut funktionierenden Lobbyarbeit der Ölkonzerne zusammen, über die wir schon öfter gesprochen haben. Im Moment lese ich wieder ein Buch, das mich fuchsteuefelswild macht.

Buchcover, Ullstein

Ich zitiere daraus:

Auf dieser Basis kam er [Aviel Verbruggen] zu dem Ergebnis, dass die Summe, die seit 1970 mit Öl und Gas pro Jahr im Durchschnitt verdient wurde, inflationsbereinigt etwa eine Billion US-Dollar betrug. Das entsprich etwa drei Milliarden pro Tag […] Gewinn – nicht Umsatz. Jeden Tag, sieben Tage die Woche, seit über 50 Jahren.

Das ist kein Text aus einem Verschwörungskanal, sondern die Daten stammen aus dem “International Journal of Sustainable Energy Planning and Management, Vol 36, 2022”. Die veröffentlichten Artikel dieser Fachzeitschrift sind peer-reviewed.

Die Gewinne werden internalisiert, die Schäden aber externalisiert. Normalerweise müsste der Verursacher für den Schaden aufkommen. Das passiert aber nicht. Der Katastrophenfond wird nicht von der Erdölindustrie befüllt, sondern von uns Steuerzahler:innen. Wer so hohe Gewinne hat, so große Schäden anrichtet, so viel Geld für globale Lobbyarbeit ausgibt, kann auch für die Schäden aufkommen. Bitte nicht vergessen, die Erdöl- und Gasfelder sind die größten Kohlendioxid-Emitenten überhaupt. Da rede ich nicht von den Abgasen des Mopeds vom Nachbarn. Verklagen, verklagen und noch mal verklagen. Die Öl- und Gasindustrie muss endlich zur Verantwortung gezogen werden. In den Niederlanden hat Shell schon eine Klage verloren (gerade in Berufung). Es ist David gegen Goliath. Die Budgets der NGOs sind Peanuts im Vergleich zur Ölindustrie. Aber wir wissen wie es damals ausgegangen ist.

Ich kann dir nur empfehlen, selbst Bücher zum Thema “Klimaerhitzung”zu lesen. Oder schau dir zumindest Dokus an. Du findest hier eine Auswahl.

Kontrollierte Verbrennung hat eine mysthische Seite, ist aber nicht mehr zeitgerecht.